Agilophil-Daily Podcast Episode 09: Sonderfolge zu Corona…Überleben im Homeoffice als Agiler Coach, Scrum-Master, Product Owner oder Mitglied eines agilen Entwicklerteams…und sonst auch.

Wie wahrscheinlich dich und eigentlich alle, so hat auch mich die Wucht der Coronawelle getroffen und mich in ein Homeoffice-Dasein gespült, welches ich vor 2 Wochen nicht für möglich gehalten hätte…Und so habe ich die erste Woche nun hinter mir und habe auch eine Menge dabei gelernt…unter anderem habe ich an ein paar Meetups und Workshops teilgenommen und dabei festgestellt, dass es eine Reihe von Dingen gibt, die ich so noch nicht gesehen habe und das fand ich wieder ganz spannend – und das, obwohl ich schon vorher oft mit verteilten Teams gearbeitet habe und auch als Angestellter in einem international tätigen Unternehmen ein ganze Menge über Telkos und Konferenzsoftware lief…und dachte ich bin schon schlau…(scherz)

So sammle ich hier in dieser Folge einfach mal, was mir so einfällt zum Thema Homeoffice und wie Du das beste daraus machen kannst…rein subjektiv natürlich

Ich fange mal an mit Tools, also Technik und was du bei Telkos oder Videokonferenzen beachten solltest: Die Basics dürften Dir bekannt sein…Skype, Zoom, WebEx, Microsoft Teams, Skype for Business, GoToMeeting, Jitsi, Discord, Meet, Meetzippy – diese ganzen gängigen Tools für Videokonferenzen oder Onlinemeetings sind bekannt und stellen die Basis oder das Rückrad für virtuelle Teamarbeit oder Remoteoffice dar. Ich habe mal ne Reihe davon aufgezählt und ich will die hier gar nicht einzeln durchgehen oder bewerben – jedes hat seine Vorteile hier und da und irgendwie funktionieren auch alle. Es kommt natürlich darauf an, welches Tool Dein Arbeitgeber oder Deine Firma oder Kunde als Standard ausgesucht hat. Tools, die Du noch nicht kennst, kannst Du ja mal ausprobieren – das ist ja meistens kostenlos. Rein als Info: Ich persönlich finde Zoom zur Zeit das Tool mit dem besten Leistungsumfang – vor allem in der kostenlosen Version. In der kostenpflichtigen Version gibt es auch die Möglichkeit mehrere Räume zur Verfügung zu stellen und die Teilnehmer der Konferenz für Breakt-Out sessions dort zuzuordnen. Der Einladende muss dann allerdings eine Lizenz besitzen – die kostet meines Wissens jetzt so etwa 12,-€/Monat – für die Teilnehmer bleibt es weiterhin natürlich kostenlos…

Neben den reinen Konferenztools, deren Hauptfunktion die Video und Tonübertragung ist, gibt es noch eine Reihe von anderen interessanten Apps für die asynchrone Kommunikation wie Slack oder die Möglichkeiten von Office365 oder Google-Docs für die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten nebenbei. 

Auch sehr hilfreich sind Whiteboard Tools wie „Nexboard“, Mural oder MIRO ich sag mal als Premium-Produkte  – oder Webwhiteboard als sehr einfache Variante davon (kostenfrei nutzbar), wobei auch in Zoom und Meetzippy ist so eine Whiteboardfunktion in einfacher Form integriert ist. Wenn Du Nexboard noch nicht kennst solltest Du das mal ausprobieren- ist übrigens ein Tool aus Berlin…hierzu hatte ich letzte Woche eine nette Erkenntnis im Rahmen eines Meetups von „Agility Works“ von Klaus Schein…Klaus nutzt das Tool zur Moderation von Ganztages-Workshops und es funktioniert. Der Trick dahinter ist, dass man in Nexboard eigene Bilder, Grafiken, selbst erstellte Canvas oder auch ppt. Folien hinterlegen kann und die dann mit virtuellen Post-It’s bekleben kann (von allen Teilnehmern) – diese lassen sich dann auch per Dot-Voting bewerten. Jeder Teilnehmer kann immer alles anfassen und verschieben – wie an einem echten Board. Ein Vorteil für uns Agilisten ist die Anonymität der Post-It‘s, da man nicht sieht wer sie geschrieben hat. Daher ist das auch gut für Retrospektiven einsetzbar. (Wenn man einen Workshop macht, wo es irgendwie von Mehrwert ist, zu wissen, wer was geschrieben hat, könnt ihr Euch einen Farbcode überlegen –  jede Person kann dann die Post-its in einer bestimmten Farbe versehen…MURAL hat einen ähnlichen Funktionsumfang, nur habe ich noch nicht damit gearbeitet…und bei MIRO sieht man immer den Autor…

…soweit zur Technik – wie gesagt – ich will hier nur kurz drauf eingehen, denn wie heißt es so schön: a fool with a tool is still a fool….es geht ja darum, wie wir selbst mit der Situation besser umgehen können…

Was kannst Du beachten, wenn es um virtuelle Team-Meetings geht:

  1. Nach meiner Erfahrung – auch mit einem Team, welches verteilt in Indien und Deutschland saß  – es ist wichtig am Anfang eines Meetings einen Check-in durchzuführen – also als einfachste Form: Jeder schreibt seinen Namen auf das virtuelle Whiteboard in so einem kleinen Post-It.. – besser ist es allerdings das mit einer witzigen oder vielleicht auch sinnlosen Frage zu begleiten, um gleich ein wenig Lockerheit und Spirit ins Meeting zu bekommen. Sowas wie: „Stell dir vor, Du bis ein Auto – welches Auto wärst du im Moment? – das geht auch mit Tieren…oder Comicfiguren…Dann kann man gleich versuchen das zu zeichnen (was mit Maus natürlich schwer ist – ein iPad-oder Tablet mit Stift funktioniert mit den virtuellen Whiteboards leider noch nicht so gut – die Verzögerung beim Schreiben oder Malen ist doch ziemlich groß.) aber je blöder das aussieht, desto lustiger kann es sein. Du kannst natürlich auch reihum nachfragen, welche Erwartungen jeder an das Meeting hat.
  1. Halte Meetings kurz (am besten nicht länger als 45min) vielleicht auch mal länger so bis zu ner Stunde oder so. Ich meine hier keine Workshops dazu erzähle ich gleich noch was:
  1. Mach Pausen bzw. plane Pausen ein: am besten alle 45 min.  Zu den beiden letzten Punkten: ich finde Videokonferenzen oder auch Telefonkonferenzen irgendwie anstrengender als Live-Meetings. Ich weiß nicht, ob es Dir auch so geht…nach 45min konzentriertes Zuhören und zusehen von teilweise schlechter oder schwankender Bild oder Tonqualität- da regt sich bei mir Unmut bzw. Stress/Müdigkeit. Entweder ich schalte dann geistig ab oder ich strenge mich an, was dann irgendwann zu Kopfschmerzen, Verspannungen oder ähnlichen Symptomen führt. Also bitte ich Dich – wenn Du Meetings ansetzt – halte die kurz.
  1. Bitte auch alle Teilnehmer, sich immer zu „Muten“ also stummzuschalten, wenn sie gerade nichts sagen wollen. Das hilft ungemein, denn Nebengeräusche aus 10 Hintergründen nerven total und keiner kann mehr was verstehen…ausserdem kann es vielleicht mal peinlich sein, wenn für alle laut zu vernehmen ein „MAMA, ICH MUSS MAL PULLERN!“ kommt …
  1. Insgesamt aus meiner Sicht: ein Onlinemeeting braucht einen wachen und fairen Moderator, der immer mal wieder drauf achtet, dass die Redezeiten gleich verteilt sind, also stillere Teilnehmer auch mal anspricht und auflockert und für eine Struktur sorgt. Es braucht mehr Ansagen und Führung, da vieles, was sonst über Mimik oder Gestik kommuniziert wird, im Onlinemeeting einfach wegfällt. 

Workshops über 1 oder 2 Tage. Obwohl ich Dir gerade gesagt habe, dass Meetings kurz sein sollen: das geht schon…Nur bitte mit nicht mehr als 9 Teilnehmern (halte Dich hier an die eherne Scrum-Regel der Teamgröße) und – ich habe es vorhin schon erwähnt: Bereite den Workshop vor, in dem Du strukturierende Canvas oder „Flipcharts“ vorbereitest und ein geeignetes Whiteboard-Tool benutzt. Das geht auch wunderbar neben der eigentlichen Videokonferenz – wenn Du den Bildschirm teilst.  Bei Workshops ist es dann besonders wichtig, dass du dann zum Mitmachen animierst und da kannst Du zum Beispiel auch Elemente aus Serious Games einbauen (jeder im Team kann z.B. eine kleine Packung Legosteine nach Hause geschickt bekommen und dann baut ihr gemeinsam – oder jeder …je nachdem…) Oder Elemente der Pantomime (was natürlich nur bei ner funktionierenden Videokonferenz funktioniert. Sehr hilfreich sind auch Abstimmungen, die z.B. bei Nexboard mit Dotvoting funktionieren oder Du bereitest für den Workshop was vor über so ein Tool wie Mentimeter…Bei so langen Workshops – oder auch generell solltest du dir auch einen Co-Moderator anheuern, der nebenbei den Chat-Kanal liest und auf Fragen reagieren kann.

Der nächste Aspekt, den ich ansprechen möchte, ist – wie kannst Du dich zu Hause verhalten, so dass dir nicht die Decke auf den Kopf fällt und du produktiv bleibst bzw. aber auch nicht nur noch in Arbeit versinkst…

  1. was gut funktioniert ist: behalte Deine Rituale bei – gehe zum Beispiel raus, bevor Du anfängst zu arbeiten und mach einen kurzen Spaziergang um den Block oder so…Du kannst ja mit dem Hund rausgehen, mit Deiner Katze, dem Kanarienvogel oder deiner Schildkröte, die freuen sich dann auch (und Du hast eine Begründung, falls dich jemand fragt)
  1. Dazu gehört auch, dass Du dich so anziehen solltest, als wenn Du ins Büro gehen würdest. Wenn Du den ganzen Tag im Schlafanzug rumhängst, schlägt sich das auf Deine Psyche, das kann ich dir versprechen…
  2. Mache eine Mittagspause – am besten auch draussen bzw. nicht da, also in dem Raum, wo Du arbeitest!
  1. Und – suche Dir einen Platz zum Arbeiten der nicht derselbe Platz ist, an dem Du chillst – also runter vom Sofa und weg vom Fernseher, wenn Du arbeitest! Wenn Du kein Arbeitszimmer hast, such Dir einen Platz im Schlafzimmer oder in der Küche oder wo es sonst gut für Dich ist. Du wirst schon was finden…Falls alles nichts hilft, stell Dir einen Campingtisch ins Wohnzimmer und arbeite da. Denk Dir was aus. Es ist wichtig, dass Du die Arbeit mental von der Freizeit trennst, denn sonst verschwindet der Übergang und Du arbeitest nur noch …oder Su wirst gar nicht wirklich produktiv…das liegt jetzt ganz bei Dir, wie es dann wirklich ist (wie ohnehin alles, was ich hier sage ja nur eine Ideensammlung darstellt – alles kann – nichts muss!)
  1. Natürlich kannst Du dir jetzt auch mal Gedanken machen, was Du alles für einen „richtigen“ Homeoffice-Platz brauchst und das ggf. auch mit Deinem Arbeitgeber besprechen: ein ordentlicher Monitor gehört dazu, wenn Du länger im Homeoffice bleibst und am besten ein höhenverstellbarer Schreibtisch mit einem entsprechenden Arbeitsstuhl und genügend Licht.
  1. Was ihr im Team auch machen könnt: virtuelle Kaffeepausen – ihr „würfelt“ sozusagen die beiden aus, die dann mal ne 1/4h – jeder mit einer echten Tasse Kaffee oder Tee – dann in einem eigenen kleinen Raum (also virtuell) mal miteinander quatschen…Oder ihr richtet einen virtuellen Raum ein, den Ihr „Kaffeemaschine“ nennen könnt – oder „Launch“ oder so, in den sich dann die Leute einwählen können und einfach mal sehen, wer da noch so ist.
  1. Mach Dir durchaus auch ein Taskboard zuhause – beklebe Deine Wände mit Post-It’s – und nutze die auch privat oder mit den Kindern… Das hilft, macht Spaß und bringt was Neues rein…
  2. Biete allen Hilfe an, denen es nicht so gut geht…wenn Du alleine wohnst, schau, mal, was sich in deiner Nachbarschaft so tut – es gibt z.B. das Social Network „nebenan.de“ wo Du vielleicht Hilfe für ältere Menschen anbieten kannst (z.B.einkaufen oder mit dem Hund gehen oder so). Das kannst Du natürlich auch machen, wenn Du nicht alleine wohnst, aber wenn Du Deine sozialen Kontakte vorwiegend im Jobumfeld hast, kann das helfen auch wieder andere Menschen zu sehen als nur die Videos oder Dein Spiegelbild.
  1. Nutze die besondere Zeit, die sich jetzt bietet. Wir haben z. B. gerade Fastenzeit – nur mal so als Tipp: Wann – wenn nicht jetzt – ist die Gelegenheit für eine Fastenkur? Du wirst selten so wenige Verführungen haben, wie jetzt – Auch Sport ist wichtig. Da zur Zeit auch die Fitnessstudios geschlossen sind, bleibt vielleicht für Dich ein Hometrainer auf dem Balkon? Oder ein Trampolin im Schlafzimmer? Ein paar Hanteln auf dem Flur?. Es gibt eine Menge Onlinekurse und natürlich spriessen die Angebote derzeit, wie Pilze aus dem Boden. Nur mal so als Tipp, was es so gibt: Pure.Life- ist zum Beispiel ein Online-Fitnessstudio mit echt vielen Angeboten. Du findest bestimmt einen Anbieter oder einen Service der zu Dir passt. Du kannst auch über Babble sprachen lernen oder morgens geführt meditieren mit Seven Minds…Die Anbieter oder Tools, die ich hier nenne, sind nur Beispiele, falls Du in dem Bereich noch nichts weist und die ich oder meine Frau selber nutzen. Insofern weiß ich , dass das für mich ganz gut ist. Soll aber keine Empfehlung oder Werbung sein…sondern nur eine Inspiration. 
  1. Lass Dir helfen, wenn Du dich unwohl fühlst – damit meine ich nicht Corona-Symptome, sondern ich weiß, dass diese Zeit auch eine Zeit der Ängste sein kann…als Freiberufler sowieso, aber auch als Angestellter oder Jobber ist die Zeit von großer Unsicherheit geprägt. Suche Dir einen Coach – auch Online machen immer mehr Coaches nun Angebote – auch ich stehe dafür zur Verfügung.

So – soweit erstmal dazu. Du findest im Netz zur Zeit überall Angebote von Coaches und allen möglichen Leuten, die mal was verkaufen wollen oder auch nur helfen oder auch beides…Ich denke, die Welt wird eine andere sein, wenn der Corona-Spuk vorbei ist…Verteiltes Arbeiten, Homeoffice und Lernen im Netz wird sich etablieren und aus der vielleicht noch vorhandene Nische herauskommen. Auch dabei wird es Gewinner und Verlierer geben. Wir – Du und ich  – haben es natürlich dabei in der Hand selbst dafür zu sorgen, auf welcher Seite wir stehen. Ich wünsche Dir eine gute, möglichst coronafreie oder zumindest coronaarme Zeit für Dich und Deine Liebsten. 

Bleibe gesund

Und Tschüß –  bis zur nächsten Folge

Dein agilophiler Frank