Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des agilophil-daily Podcasts. einen Hinweis gebe ich gleich mal am Anfang: Bitte diese Folge bis zum Ende durchhören, sonst entsteht ein falscher Eindruck…
Die heutige Folge handelt von Eseln und Menschen..
Um es mal vorweg zu nehmen – ich habe nichts gegen Esel…Esel sind intelligente und sehr feinfühlige Tiere, die allerdings teilweise bei uns ein schlechtes Image abbekommen haben. Das liegt wahrscheinlich in ihrer Charaktereigenschaft KEINE Fluchttiere zu sein und nicht – wie die vermeintlich viel stolzeren und edleren Pferde – bei jeder vermeintlichen Gefahr sofort wegzulaufen. Nein -Esel bleiben stehen…und analysieren die Situation – ehe sie sich für irgendwas entscheiden. Klingt eigentlich eher positiv. Trotzdem gelten Esel als störrisch. Nun, sie haben in ihren Herden – und sie sind sehr gesellig und leben eben nicht allein – keine ausgeprägten Hierarchien, daher erkennen sie den Menschen auch nicht als Höherrangig an und lassen sich halt auch nichts sagen oder anders ausgedrückt – sie lassen sich nicht so leicht dressieren…und sind eben störrisch. Aber darauf will ich gar nicht hinaus – es geht in der heutigen Folge eigentlich um ganz was anderes – um ein Gedankenexperiment, eines, das sich ein gewisser Douglas Murray McGregor 1960 überlegte:
Die Theorie X und die Theorie Y
Douglas war ein Professor für Management am berühmten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er gilt als einer der Gründerväter des zeitgenössischen Managementgedankens, wurde aber oft völlig falsch interpretiert…
Er hatte sich folgendes Gedankenexperiment überlegt:
Es gibt 2 Menschenbilder, die wir – so seine Vorstellung – in uns tragen.
Das erste Menschenbild ist – sozusagen „Der Mensch als Esel“…er nannte es das Menschenbild nach der X-Theorie:
und dieser Mensch hat folgende Eigenschaften:
- Menschen bzw. Mitarbeiter sind von Geburt an arbeitsscheu und versuchen diese weitestgehend zu umgehen.
- Die Menschen müssen zur Arbeit gezwungen oder verführt werden – das nennt man dann auch „extrinsisch motivieren“.
- Dem Mitarbeiter sind Routineaufgaben lieber als neue Aufgabenfelder.
- Mitarbeiter brauchen eine Kontrolle und sie wünschen sich das auch.
- Strafen und Strafandrohungen sind ein adäquates Mittel, um die Produktivität eines Mitarbeiters zu steigern.
- Mitarbeiter haben zudem sehr wenig Ehrgeiz, ein hohes Sicherheitsbedürfnis und möchten keine Verantwortung übernehmen.
- Sie erzwingen ein Management, dass die „Verwaltung und Antreibung“ dieser Mitarbeiter übernimmt.
Um es mal zusammenzufassen: Diese Menschen sind eine dumme, willenlose Masse, die ständig zu ihrem Glück oder zu Leistungen gezwungen werden muss und keine eigene Kreativität und keinen eigenen Antrieb besitzt.
Dem gegenüber gibt es dann das zweite Menschenbild den „Mensch als Mensch“ – genannt das Menschenbild der Y-Theorie:
- Die Menschen wollen arbeiten und streben dabei nach Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Hier ist der Mitarbeiter arbeitswillig und sieht diese persönliche Haltung als wichtigen Bestandteil zum Erlangen seiner eigenen Zufriedenheit an.
- Aufgaben werden durch den Mitarbeiter selbstständig und pflichtbewusst erfüllt.
- Eine kontrollierende Führung ist nicht notwendig, da sich der Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifiziert.
- Den Mitarbeitern genügt die Selbstkontrolle, um produktiv daran mitzuarbeiten Unternehmenszielen zu erreichen.
- Leitet man den Menschen richtig, so entwickelt er besondere Potenziale und übernimmt gerne eigene Verantwortung.
- Diese Menschen ermöglichen eine wahre Führung, sind humanistisch aufgeklärt und gehen wertschätzend miteinander um.
Als ich das erste Mal davon gehört habe – ich weiß gar nicht mehr, bei welcher Gelegenheit das war – es muss irgendsoein Führungskräfteseminar gewesen sein, bei dem ich mal bei einem meiner früheren Arbeitgeber war – bekamen wir die Aufgabe uns selbst nach diesen Menschenbildern einzuteilen.. Nun rate mal, wie vielen von uns sich als Menschen der X-Theorie gesehen haben…genau – maximal einer und das auch wahrscheinlich nur, weil er den Trainer verarschen wollte…
Das ist doch seltsam – denn wenn wir auf Andere schauen, müsste doch mindestens die Hälfte der Menschen – wenn nicht noch mehr – der Theorie X angehören – schließlich sind wir ja alle bekanntlich nur von Idioten umgeben…Und wenn wir uns mal die – allerdings vornehmlich Tayloristische Sicht von Arbeitern ansehen, findet man diesen Menschentypus ja wahrscheinlich hier – also bei den Arbeitern – am häufigsten.
Dabei wollen wir doch alle ein Team, das nur aus Y-Leuten besteht, das ist doch klar…Wir selbst gehören ja schließlich auch dazu. Wer wünscht sich das nicht, selbstständig und pflichtbewusst, kreativ und produktiv an der Verwirklichung von größeren Zielen mitarbeiten zu können und diese Vertrauen auch zu bekommen?
Ich Douglas McGregor ging dann noch einen Schritt weiter:
Er entwickelte zu den beiden X und Y Menschenbildern noch ein weiteres Modell – das Menschenbild der Z-Theorie und das beinhaltet folgende Eigenschaften:
- Die Kontrolle von Mitarbeitern ist möglich, sollte aber nur bedingt eingesetzt werden um Unternehmenszielen zu erreichen.
- Wenn sich ein Mitarbeiter den Unternehmenszielen verpflichtet fühlt, so wird er auch eigenständig Disziplin entwickeln.
- Die Effizienz des Mitarbeiters wird durch ein Mix aus Fremd- und Selbstkontrolle maximal be steigert.
- Mitarbeiter sollen generell stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden.
- Wenn ein Unternehmen geeignete Rahmenbedingungen schafft, können selbst durchschnittliche Mitarbeiter Verantwortung übernehmen.
Wenn man mal genauer hinschaut, dann kommt die Theorie Z dem japanischen Managementstil sehr nahe. Und damit wären wir auch schon beim eigentlichen Zweck der Übung und dem großen Mißverständnis, welches sich Douglas McGregor immer wieder ausgesetzt sah (und nun – da er ja schon eine Weile Tod ist, kann er sich ja auch nicht mehr dagegen wehren). Leider wurde und wird daraus interpretiert, er hätte gesagt, dass man die Menschen in 2 bzw. 3 Kategorien einteilen könne – was aber so überhaupt nicht stimmt!
Diese Theorien sind Menschenbilder, die aus Sicht der Managementsysteme gebildet werden. Es sind keine Kategorien von Menschen, die wirklich existieren. Das Tayloristische System selbst ist Ursprung dieses Menschenbilds mit seiner Einteilung in „Arbeiter und Angestellte“ – also in die, die die Arbeit als X-Personen ausführen und die, die sich die Arbeit als Y-Personen ausdenken. Die X und Y Menschenbilder entspringen also nur den verbreiteten Managementsystemen. Sie haben nichts mit der Realität zu tun. Es gibt keine Menschen, die einer X-Kategorie entsprechen – die X-Theorie ist nur ein Vorurteil über andere Menschen und eine reine Fiktion – ebenso gibt es keine Z-Menschen – In Wahrheit – und Douglas McGregor hat das auch nie anders behauptet – gibt es ausschließlich Y-Menschen. Es kann allerdings sein, dass wir uns durchaus mal „X-ig“ oder „z-ig“ verhalten!
Welche Auswirkung hat diese Erkenntnis auf uns und auf das agile Arbeiten? Nun – in agilen Teams ist die Selbstorganisation ein wesentliches Ziel bzw. eine wesentliche Eigenschaft. Agile Teams organisieren sich selbst. Hier greift auch schon meist ein Konflikt – wenn die Organisation des Unternehmes Selbstorganisation nicht vorsieht, kann ein Team auch nicht agil arbeiten. Und „Die Organisation“ – ich spreche hier mal die Anführungsstriche mit – wird ja nicht von außenstehenden Mächten, Göttern oder Naturgesetzen gemacht – auch wenn in letzter Zeit Verschwörungstheorien reichlich zulauf haben – sondern von uns Menschen – genauer gesagt, von den Menschen, die selbst in der Organisation arbeiten oder leben.
Und die wesentliche Erkenntnis ist: Es gibt keine Menschen, die von Natur aus der Theorie X oder Z entsprechen – alle Menschen entsprechen der Theorie Y – Das „x-ige“ oder „z-ige“ Verhalten wird durch die Organisation gemacht! – Und dabei schließe ich dass Umfeld des Menschen mit ein – also nicht nur die Organisation der Firma ist für sein Verhalten verantwortlich, sondern natürlich auch die Glaubenssätze, die ihm seine Familie oder privates Umfeld mitgegeben haben. Wer ein Leben lang gesagt bekommen hat, dass „die da oben“ die Regeln machen und „wir hier unten“ diese zu befolgen haben, wird sich naturgemäß schwer tun, selbst Regeln aufzustellen. Das liegt aber nicht an seiner Natur gegebenen Charaktereigenschaft, sondern an seiner Erziehung bzw. seinem von außen gegebenen Weltbild. Immanuel Kant nennt das so schön „die selbst verschuldete Unmündigkeit“. Und daher tut Aufklärung auch not – um diesen Schwenk mal zu wagen.
Daher jetzt nochmal konkreter: Wenn Du in Deiner Firma über Mitarbeiterentwicklung, Führungsthemen oder Organisation nachdenkst, dann beachte bitte, dass es ein Argument nicht gibt: Es gibt per se keine „Esel“ in Deiner Firma – wenn Du der Meinung bist, in Deinem Team oder deiner Firma gibt es zu viele davon, dann hast Du die wahrscheinlich selbst geschaffen.
Wenn Du in einer Firma arbeitest, dann verhalte Dich so, wie es Deinem eigentlichen Wesen entspricht – Mach Dir Deine Regeln selbst – und wenn Deine Regeln mit denen der Firma im Einklang sind, seid ihr auf dem richtigen Weg. Verhalte Dich verantwortungsvoll und tue alles, was Du kannst, um den gemeinsamen Zielen von Dir und deinem Unternehmen ein Stück näher zu kommen. Wenn Du mit den Zielen der Firma nicht einverstanden bist, dann such Dir eine Firma, mit der Du besser klar kommst…Niemand zwingt dich in einem Umfeld zu arbeiten, das Dir nicht gut tut! – Schließlich bist Du selbstverantwortlich für Dich und Dein Glück und Deinen Erfolg und Du kannst handeln.
Das ist natürlich alles leicht gesagt – und vor allem leichter gesagt als getan – das ist mir bewusst. Es ist auch nur ein Impuls, den ich hier setzen will, ich meine nicht, dass jeder bei dem kleinsten Konflikt gleich die Flinte ins Korn schmeißen und sich eine andere Firma suchen soll…Die Selbstverantwortung besteht ja auch daraus, dass Du das System, in dem Du steckst auch ändern kannst. Du kennst bestimmt den Spruch „love it, change it, or leave it“ – demnach ist die Kündigung das letze Mittel nachdem Du alles versucht hast, was Du kannst, um die Dinge zum Besseren zu ändern. Denn das gehört ja auch zu agilen Arbeiten – Kaizen – die ständige Verbesserung.
insofern – stelle Dir einfach mal vor:
- Du willst gerne arbeiten und strebst nach der Entfaltung Deiner Persönlichkeit
- Du überlegst Dir selbst, was Deine Aufgaben sind und erfüllst sie eigenständig und zuverlässig
- Du identifizierst Dich mit dem Unternehmen und fragst, was kannst Du tun, um unseren gemeinsamen Ziele zu erreichen
- Du kontrollierst Dich selbst – und brauchst keine kontrollierende Führung oder Überwachung
- Du nimmst aber gerne Führung an, da du weißt, dass es Deine Persönlichkeit voran bringt und Du mehr Verantwortung übernehmen kannst.
- Du möchtest auch gerne in einem Umfeld arbeiten, dass dich fördert und dir hilft und du gehst wertschätzend mit deinen Kollegen um und hilfst ihnen auch und förderst wen Du kannst.
Und um das zu verankern sprich doch – vielleicht vor dem Schlafengehen diese Sätze einfach mal – wie ein Mantra – vor Dich hin…
„Ich möchte arbeiten und entfalte dabei meine Persönlichkeit“
„Meine Ziele und die Ziele meiner Firma sind gleich“
„Ich überlege mir, was ich tun kann um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen!
„Ich helfe gerne meinen Kollegen und nehme auch gerne Hilfe von ihnen an“
Such Dir einfach einen Satz aus, der momentan ab besten passt oder nimm alle – das überlasse ich ganz Dir – Du kannst Dir natürlich auch eigene Sätze ausdenken…
Ich wünsche Dir viel Spaß auf Deinem Weg – hinaus aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit…
Dein agilophiler Frank